Didaktisches Konzept

Gedanken zum Buchtitel

„Weg von hier…“ ist ein Erzählmotiv, das sich in der Lebensgeschichte von Ilse Mass mehrfach wiederholt.
„Weg von hier…“ ist ein Erfahrungsmotiv, das auch von jüngeren Kindern nachvollzogen werden kann, weil es vielleicht schon erfahren wurde.
„Weg von hier…“ ist ein eine Wortgruppe, die einfache Fragen „Wo? – Wohin? – Wie? – Warum?“ zulässt und Neugierde und Spannung weckt.
„Weg von hier…“ ist ein Imperativ mit zwei Absendern, – eine Person, die sich selbst auffordert einen Ort zu verlassen oder von einer anderen dazu aufgefordert wird.
„Weg von hier…“ ist die Aufforderung zu einem freiwilligen oder einem unfreiwilligen Verlassen eines Ortes durch Flucht oder Vertreibung.
„Weg von hier…“ impliziert einen hastigen Aufbruch, weil Gefahr droht.

1. Lernschritt: Lesetext zur Einstimmung

In vorangehenden Unterrichtseinheiten soll ein Themenkomplex „Weg-von-hier“ einstimmen. Dies kann in der Volksschule beispielsweise mit der kurzen Parabel „Der Aufbruch“ geschehen. Fächerübergreifend sollen sich die Schüler im Deutschunterricht, der „Sinnerfassendes Lesen und Schreibenlernen eigener Texte“ umfasst, mit dem Satzglied „…weg von hier, weil… „ beschäftigen. Sie können Sätze bilden und selbst eine „Weg-von-hier“- Geschichte verfassen. Dadurch können sie eigene „Weg-von-hier“-Erfahrungen mitteilen. Befindet sich ein Schüler mit Migrationshintergrund in der Klasse, soll dieser aktuelle Bezug zur Gegenwart mitaufgegriffen werden.

Der Aufbruch – (Erzählungen aus Franz Kafka’s Nachlass, 1904-1924)
Ich befahl mein Pferd aus dem Stall zu holen. Der Diener verstand mich nicht. Ich ging selbst in den Stall, sattelte mein Pferd und bestieg es. In der Ferne hörte ich eine Trompete blasen, ich fragte ihn, was das bedeutete. Er wusste nichts und hatte nichts gehört. Beim Tore hielt er mich auf und fragte: »Wohin reitet der Herr?« »Ich weiß es nicht«, sagte ich, »nur weg von hier, nur weg von hier. Immerfort weg von hier, nur so kann ich mein Ziel erreichen.« »Du kennst also dein Ziel«, fragte er. »Ja«, antwortete ich, »ich sagte es doch: ›Weg-von-hier‹ – das ist mein Ziel.« »Du hast keinen Eßvorrat mit«, sagte er. »Ich brauche keinen«, sagte ich, »die Reise ist so lang, daß ich verhungern muß, wenn ich auf dem Weg nichts bekomme. Kein Eßvorrat kann mich retten. Es ist ja zum Glück eine wahrhaft ungeheure Reise.«[1]

2. Lernschritt: „Der alte Koffer“ – Assoziationen mit dem Titelbild

Ein alter Koffer mit verschiedenen Gegenständen wird verschlossen in die Mitte gestellt. – Einer nach dem anderen zieht uneingesehen einen Gegenstand aus dem Koffer, benennt ihn und stellt ihn neben den Koffer. Im Koffer sind eine Puppe, alte Fotos, eine Menorah, ein Schiff, eine Stadtkarte von Linz, eine rote Kappe, Gymnastikschuhe…

Sind alle Gegenstände ausgeräumt, wird die Frage gestellt:
„Diese Dinge gehören alle zu einer Person. Was könnten sie uns über diese Person erzählen?

Überleitung zum Buch:
„Diese Person heißt Ilse Mass und lebte als Kind hier in Linz. Wollt ihr wissen, warum sie ‚von hier weg‘ musste?

3. Lernschritt: Vorlesen der Geschichte „Weg von hier…“

Das Kinderbuch enthält ein Glossar mit kindgerechter Erläuterung themenspezifischer Begriffe wie z.B. Jude, jüdisch; Tempel, Synagoge; Konzentrationslager; SA und SS; Nationalsozialismus, u.s.w.

4. Lernschritt: Die Nachbereitung

Es muss eine ausgiebige Besprechung von „Weg-von-hier“- Motiven in der Geschichte nach sich ziehen. Vor dem Beginn des Lesens kann der/die LehrerIn die Schüler aufmerksam machen, dass in dieser Geschichte viele „Weg-von-hier“-Momente enthalten sind.

Vater Eduard Rubinstein Mutter Julia Rubinstein Tochter Ilse Rubinstein
weg aus Ungarn weg aus der Wohnung weg von der Schule
weg von der Familie weg von der bedrohlichen SS u. SA weg von Freunden
weg vom Geschäft weg aus Linz weg aus sozialen Bindungen
weg aus Dachau weg aus Österreich weg aus Österreich
weg aus Österreich weg aus Shanghai weg aus Shanghai

5. Lernschritt: Lehrausgang nach Linz an „Orte der Erinnerung“

Diese Form der Vertiefung ist die Auseinandersetzung mit topografischen wie kulturgeschichtlichen Lehrinhalten, die im Unterrichtsfach Sachunterricht sowohl den Fachbereiche Geschichte als auch Geographie und politische Bildung an der Volksschule tangieren. Im Folgen der Route auf google map ist auch ein konkreter Besuch in der Israelitischen Kultusgemeinde und/oder im „Verschütteten Raum“ im Linzer Schlossmuseum integriert und bietet damit die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit einer anderen, der jüdischen Religion.

6. Lernschritt: Reflexion Lehrausgang

Nach dem Lehrausgang soll ausreichend Zeit eingeplant werden, dass sich die Schüler noch einmal selbständig mit dem Thema in zusammenfassenden Arbeitsblättern für ihre Sammelordner mit Texten und Bildern aus der Geschichte beschäftigen können.


[1] Historische Texte & Wörterbücher, Franz Kafka, Erzählungen aus dem Nachlaß (1904-1924) URL: http://www.textlog.de/32080.html; 24.07.2011.

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